Ein Haus der Geschichte – mit Hitler-Balkon
Nicht das Corps de Logis, sondern der Kaisergartenflügel der Neuen Burg soll das geplante Haus der Geschichte der Republik beherbergen. –
Wien – Die Generaldirektion des Kunsthistorischen Museums will heute, am 19. Jänner 2015, ihre Pläne für die Neue Burg inklusive des Corps de Logis vorstellen. Gerüchteweise schaffte man Platz für das Haus der Geschichte der Republik, ohne das Weltmuseum massiv zu redimensionieren.
Wie „der Trenkler“ als Erster berichtete, ließ Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) im November 2014 die Neugestaltung des Weltmuseums stoppen. Er konnte dem von seiner Vorgängerin Claudia Schmied akzeptierten Entwurf und dem Geschäftsplan, der eine Erhöhung der Basisabgeltung um 2,7 Millionen Euro vorsah, nicht zustimmen. Die Generaldirektion des KHM wurde beauftragt, einen redimensionierten Entwurf zu erarbeiten: Das Weltmuseum müsse mit der bisher zugebilligten Abgeltung (4,2 Millionen Euro) auch in Hinkunft das Auslangen finden.
Ostermayer gedachte zwei Fliegen mit einer Klappe zu erwischen. Denn er schlug vor, die nach der Redimensionierung freigewordenen Flächen für das Haus der Geschichte zu nutzen. Die Realisierung dieses Langzeitprojekts ist ein Vorhaben der Regierung. Es versteht sich von selbst, dass ein solches Geschichtsmuseum nicht aus dem Kulturbudget finanziert werden kann: Es braucht frisches Geld.
Steven Engelsman, der Direktor des Weltmuseums, war über die Entwicklung alles andere denn erfreut. Er warf der Generaldirektion vor, zu schnell klein beigegeben zu haben – und fehlte sogar bei der Weihnachtsfeier des Kunsthistorischen Museums. Doch nun könnte sich alles in Wohlgefallen auflösen.
Man muss sich zunächst den Gesamtkomplex vergegenwärtigen: Über den Eingang im Mitteltrakt des „Kaisergartenflügels“ am Heldenplatz gelangt man einerseits zu den Serviceeinrichtungen der Nationalbibliothek (Ausleihe und mehrere Lesesäle) – und andererseits zu drei Sammlungen des Kunsthistorischen Museums: dem Ephesos Museum (im Erdgeschoss), der Hofjagd- und Rüstkammer sowie der Sammlung alter Musikinstrumente in der Beletage.
Die Ausstellungsflächen gehen nahtlos in das Corps de Logis über. Dieses Gebäude bildet den Abschluss der Neuen Burg hin zum Ring. Es beherbergt seit 1928 das „Museum für Völkerkunde“, das von Engelsman in „Weltmuseum“ umbenannt wurde. Seit der unfreundlichen Übernahme des Völkerkundemuseums durch das KHM, die mit Synergieeffekten legitimiert worden war, ist es ein Leichtes, die Säle umzuwidmen. Die Waffensammlung könnte größter oder kleiner präsentiert werden, ebenso die Musikinstrumentensammlung – oder eben die Sammlung des Weltmuseums.
Wer durch die so gut wie menschenleeren Säle in der Neuen Burg flaniert, wird feststellen, dass es ziemlich viel Luft gibt. Eine Reduktion an Fläche würde den Sammlungen, die ziemlich unsexy sind, wahrscheinlich sogar gut tun. Zudem werden die prächtigen Gänge samt den absurd breiten Stiegen so gut wie nicht genutzt. Genau dort, im Mitteltrakt des „Kaisergartenflügels“, könnte das Haus der Geschichte realisiert werden.
Für diesen Standort – und nicht für das Corps de Logis – sprechen zumindest zwei Gründe. Erstens soll das Haus der Geschichte in Kooperation mit der Nationalbibliothek realisiert werden. In der Neuen Burg bräuchte es keine eigene Struktur: Die ÖNB könnte es organisatorisch mitbetreuen. Zudem befindet sich hier der sogenannte „Hitler-Balkon“. Er ist eines der wichtigsten Exponate des Museums schlechthin. Denn das Haus der Geschichte soll die Geschichte der Republik Österreich erzählen. Und der Balkon hin zum Heldenplatz spielte eben mehrfach eine zentrale Rolle – in der Ersten Republik wie in der Zweiten Republik.
Copyright: Thomas Trenkler 2015
Ich wäre gerne zur Weihnachtsfeier gekommen, musste aber einehn Vortrag in Abu Dhabi halten.
Den Vorwurf wie hier beschrieben habe ich der Gescghäftsführung nocht gemacht. Steven Engelsman