Votum für ein Haus der Geschichte am Heldenplatz
Das Haus der Geschichte der Republik ist ein uraltes Projekt. Die Realisierung scheiterte auch daran, weil sich die Koalitionspartner SPÖ und ÖVP lange Zeit nicht darauf einigen konnten, wie die Geschichte in heiklen Phasen, also der Bürgerkrieg im Februar 1934 und der Austrofaschismus, dargestellt werden soll.
Das jüngste Konzept hatte Alfred Gusenbauer (SPÖ) 2007 in Auftrag gegeben: Es verschwand nach dessen ruhmlosem Ende als Bundeskanzler in der Beamtenschublade, ohne je öffentlich diskutiert zu werden.
Quasi als Ergänzung hatte Präsidialchef Manfred Matzka damals, Ende 2008, vorgeschlagen, das geplante Haus der Geschichte der Republik zwischen Volksgarten und Heldenplatz zu errichten. Also an jenem Ort, der zum Kristallisationspunkt österreichischer Geschichte geworden war: 1925 fand auf dem Heldenplatz eine Massenkundgebung für den Anschluss an das Deutsche Reich statt, 1931 eine „Völkische Kundgebung“ der Nationalsozialisten, 1934 eine Trauerkundgebung für den von illegalen NS-Mitgliedern ermordeten Ständestaat-Bundeskanzler Engelbert Dollfuß, 1935 eine Parade der Ostmärkischen Sturmscharen und so weiter.
Vom Balkon der Neuen Burg aus verkündete Adolf Hitler am 15. März 1938 den Anschluss der „Ostmark“ ans Deutsche Reich. Und von diesem aus winkte Nobelpreisträger Elie Wiesel im Juni 1992 beim „Konzert für Österreich“ den Menschen zu.
Matzkas Vorschlag wurde damals kontroversiell diskutiert. Architekturkritiker Friedrich Achleitner hielt nichts von der Idee, ein neues Bauwerk zu errichten: „Die Republik würde Imperialismus spielen – ein falsches Symbol. Es ist ein Glück, dass der zweite Flügel der Hofburg nicht mehr gebaut wurde. Es gibt dadurch zwar einen Bruch, aber es ist ein großartiger Stadtraum entstanden.”
Doch nun regte Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) an, das Haus der Geschichte im Corps de Logis der Neuen Burg zu realisieren. Die Idee ist nicht nur reizvoll, sie liegt auch nahe. Weil die Geschichte der Republik unter anderem auch mit den Exponaten der Österreichischen Nationalbibliothek erzählt werden soll – und diese befindet sich an mehreren Standorten in der Hofburg.
Zudem existierte von 1945 bis 1975 in der Neuen Burg ein „Museum Österreichischer Kultur“ als Teil des Kunsthistorischen Museums. Der Publizist Martin Fritz, der gegenwärtig über die Hofburg forscht, machte in einem Facebook-Eintrag auf dieses Faktum aufmerksam: „Nahezu dreißig Jahre lang – zuletzt in den Räumen des heutigen Ephesos Museums – beherbergte die Neue Burg eine Dauerausstellung, gegründet von August Loehr, deren Aufgabe in den KHM-Jahresberichten folgendermaßen beschrieben wurde: ,Das Museum Österreichischer Kultur hat die Aufgabe, optisch leicht erfassbar die österreichische Geschichte besonders in Hinblick auf die kulturelle, wirtschaftliche und soziale Entwicklung darzustellen und dabei die österreichischen Leistungen hervorzuheben.’ Eine Fortsetzung fand das MÖK von 1987 bis 1994 in Eisenstadt. Dirk Rupnow hat in „Nation ohne Museum“ auch darüber geschrieben.“
Eine Leistungsschau kann natürlich nicht das Ziel eines Hauses der Geschichte sein. Aber der Standort wäre hervorragend. Einziger Wermutstropfen wäre die Redimensionierung des geplanten Weltmuseums. Doch das ist ein anderes Thema. Und über dieses muss gesondert diskutiert werden.
Herzlichen Dank für diesen Artikel –
Trautl Brandstaller und ich kämpfen seit Jahrzehnten für ein “Haus der Geschichte” und haben alles Diesbezügliche dokumentiert in:
http://oktogon.at/HDG/
Mit besten Grüßen
Peter Diem
Ich finde es bedauerlich, zwei wichtige Projekte auf diese Weise gegeneinander auszuspielen! In wessen Interesse???
Thomas Fillitz
Institut für Kultur- und Sozialanthropologie, Universität Wien
Dieser berechtigte Wunsch wird auch durch ein “reales” Haus der Geschichte erfüllbar sein. Denn eines ist doch klar: ein Haus der Geschichte muss sowohl “hands-on”-Objekte wie auch digitale Präsentationen enthalten. Und von diesen Bildschirm- oder Videowand-Inhalten ist es nicht weit zu einer Website mit downloadbarem Material. Und ein Haus der Geschichte muss immer auch ein Diskussionsforum sein. Es wird von der Dynamik der Leitung des Hauses und von den verfügbaren Mitteln abhängen, wie weit diese Vorhaben verwirklicht werden können.
Trautl Brandstaller und ich werden dies in den nächsten Tagen in der “Wiener Zeitung” beschreiben.